
YAMAHA XJR 1200
GARAGE INK Homemade BBQ Style
Unser GARAGEN-Schwager Heiko, beruflich Landschaftsgärtner, privat Eisenbieger und Smoker, brauchte ein Mopped. Drum zogen wir aus, eines zu finden. Am Anfang der Suche war eine XJR eigentlich kein Thema. Doch manchmal kommt es eben anders, als man denkt. Die erste Idee war eine Harley Sportster zu kaufen, und sie ein wenig zu modifizieren. Ein aufwändiger Totalumbau war nie geplant, denn als Budget hatten wir uns eine Obergrenze von 5.000 Euro gesetzt.
Eine Zeit lang durchforsteten wir das Netz nach möglichst gut erhaltenen Sportys. Am liebsten im Originalzustand. Unverbastelt. Allerdings wurde schnell klar, dass die Luft da sehr dünn werden würde. Eine Karre mit niedrigerem Einstandspreis musste her. Aber dennoch ein Klassiker. Wir schauten uns 80er Jahre Japaner an. Dann Zephyrs, Honda CBs etc, um daraus einen coolen Cafe-Racer zu bauen. Aber dann fiel uns auf, dass das ja im Augenblick irgendwie jeder macht. Was ja auch nicht schlimm ist. Sind ja tolle Bikes dabei, wenn man sich mal auf den Messen und bei den Customizern umschaut. Aber auch alles schon wieder viel zu perfekt. Viel zu aufwändig. Alles was für Profis. Wir sind aber keine Profis. Zumindest nicht im Bike-Building. Wir wollten einen minimal inversiven Schnellumbau machen, bei dem möglichst wenig vom originalen Bike entfernt werden muss, der aber optisch trotzdem viel Veränderung bewirkt. Also die Stärken des Bikes hervorhebt, und die paar Schwächen, die es hat, eliminiert. Also kalibrierten wir unseren Suchkompass einmal komplett neu.
Das Ganze gingen wir nach der 3-2-1 Methode an, mit einigen Litern Bier und ein paar Kilo Schweinebauch, die im Smoker gegart wurden. Und als die „Burned Ends“ so langsam Farbe annahmen, reifte auch in uns der Entschluss, mal nach den dicken Dingern von Yamaha Ausschau zu halten. XJR 1200 oder 1300. Denn diese, da waren wir uns einig, bringen das beste Potenzial mit. Ein fetter Motor, klassisch Luft gekühlt, ein großer Tank, ein cooler 4-in-2 Auspuff, ordentliche Stoßdämpfer, mit den goldenen Ausgleichsbehältern, eine fette, wirklich aufwändig gefräste Aluschwinge, und vorne eine amtliche Bremse.
Und ich hatte auch schon eine Idee, wo ich ein solches Bike auftreiben konnte. Denn jedes Mal, wenn ich auf dem Weg zum Bikertreff Vogel war, fuhr ich in Ahsen an einer kleinen Werkstatt vorbei. Und dort, am Straßenrand stand schon den ganzen Sommer über einsam und verlassen eine XJR mit einem Verkaufsschild dran.
Bisher hatte es für mich allerdings auch keine Veranlassung gegeben, dort anzuhalten und mal einen Blick auf das Schild und das Bike zu werfen. Das Einzige, was mir aufgefallen ist, war, dass die Maschine vom draußen Rumstehen nicht hübscher wurde. Und es wunderte mich, dass sie bisher noch niemand gekauft hatte, obwohl dort am Tag Hunderte von Bikern entlang fahren, auf ihrem Weg zu den Treffpunkten in und um Haltern und dem Münsterland.
Am nächsten Tag hielt ich dort und schaute mir die XJR mal genauer an. Und hielt einen kurzen Plausch mit dem Besitzer der Werkstatt. Welcher aber nicht der Besitzer des Bikes war. Also berichtete ich am Abend dem BBQ-Schwager von der XJR und rief den Eigentümer an. Die Fakten: Bj. 1995, 24.000 Kilometer gelaufen, Originalzustand, VB 2.200 Euro. Nachdem wir uns noch zwei weitere XJRs in ähnlicher Preislage angeschaut hatten in der näheren Umgebung, wussten wir sofort, dass diese da der Jackpot war. Probefahrt gemacht, gekauft!
Nach zwei Tagen Putzorgie im GARAGE INK Department unter in Anspruchnahme sämtlicher Tricks und Putzmittel aus dem letzten Jahrtausend, sah die XJR tatsächlich wieder aus, wie neu. Der Motor summte wie ein Bienchen und wir hatten artig reichlich Vitamin DAB zu uns genommen.
Das Einzige, was an der originalen XJR wirklich stört, ist ihr überdimensional langes und breites Heck. Mit der riesigen Rückleuchte. Das musste weg. Dazu Miniblinker, Fußrasten, Lenker, Griffe. Danach, da waren wir uns sicher, würde die Motor, Tank und Auspuffpartie viel dominanter werden. Denn fett genug ist der Drivetrain der XJR allemal. Auch, wenn es „nur“ der 1200er ist.
Allerdings hat der Schwager auch noch eine Frau. Und die möchte auch mal mitfahren. Und zwar nicht auf dem Hinterreifen. Also musste bei unserem Umbau die volle Soziustauglichkeit erhalten bleiben. Also nix mit Heck-weg. Ein guter Kompromiss musste gefunden werden.
Beim Strippen des Heckteils fanden wir heraus, dass der Heckrahmen der XJR angenehm kurz ist. Also mussten wir da gar nix kürzen. Wir brauchten lediglich eine professionell angefertigte Edelstahl-Blechplatte für den Aufbau der neuen Sitzbank. Und da fiel uns Alfons von PLANET 10 Metallworks in Bochum ein.
Nachdem Alfons eine möglichst passgenaues Grundplatte, mit Verschraubung angefertig hatte, und den Rahmen von allen unnützen Sitzbankschlössern und Helmhalterungen befreit hatte, brachten wir das Bike zu Daniel Besadio Alvarez nach Dortmund-Brackel in die Sattlerei B77. Er sollte uns einen möglichst soziustauglichen Höcker formen und beziehen. Ach ja, und möglichst cool aussehen, sollte dieser dabei auch noch. Um die formvollendeten Abschlüsse der Sitzbank zu den vorhanden originalen Seitendeckeln der XJR realisieren zu können musste Daniel die Blechgrundplatte nochmal komplett mit GFK überziehen und anpassen. Natürlich musste dabei auch darauf geachtet werden, dass die Sitzbank auch nachher noch sehr einfach wieder abgenommen werden kann. Was ein bisschen Hirnschmalz erforderte, aber von dem kleinen ideenreichen Spanier in Perfektion bewerkstelligt wurde.
Während wir also die wirklich schwierigen Arbeiten in Profi-Hände übergaben, kümmerten wir uns um die Teilebeschaffung für die Vollendung des Umbaus. Und ein bisschen Blecharbeit hoben wir uns auch noch für das Finish auf. Doch dazu später mehr. Jetzt erstmal den virtuellen Louis-Katalog gewälzt….
Wir bestellten die LED Miniblinker von Gazzini hinten als 3in1, also mit Rücklicht, Bremslicht und Blinkfunktion. Dazu eine Gazzini Mini Kennzeichenbeleuchtung, den Universal-Kennzeichenhalter, Highsider Lenkergriffe, ein Blinkrelais für die Miniblinker, das es übrigens bei Louis mit den originalen Anschlüssen für den XJR Kabelbaum gibt. Geiler Scheiß. Und kosta fast gar nix. Zudem nahmen wir noch für die weiteren elektrischen Kabelverbindungen den Japan-Steckersatz dazu. Ein 100teiliges Sortiment, das dafür sorgt, dass eure Kabelverbindungen am Ende wenigstens halbwegs so aussehen, als hätte das der japanische Ingenieur sich so ausgedacht….
Das Batteriefach und die komplette Elektrik und Relais-Halterung übernahmen wir vom Original-Kunststoffteil. Wir sägten lediglich das komplette Spritzschutzteil ab der Federbeinaufnahme ab und mussten dies dann durch ein selbst angefertigtes Spritzschutzblech mit Kenzeichenhalter-Halterung ersetzen. Dieses dengelten wir uns aus nomalem 0,8mm Karosserieblech zurecht und verschweißten eine zusätzliche Verstärkung, die auch gleichzeitig als Verschraubung mit dem Rahmenheck dient. Das Blech wurde mit einem Exzenterschleifer blank gemacht und anschließend mit 2K Klarlack versiegelt. So schaut das Heck auch von unten recht clean aus, rostet nicht und kann sauber gehalten werden. Perfekt und einfach ist die Montage des Universalkennzeichenhalters von Louis an dieser Stelle zu bewerkstelligen. Der Halter bietet viele verschiedene Konfigurations- und Befestigungsmöglichkeiten und ist äußerst stabil. Zu guterletzt spendierten wir der XJR noch einen neuen Spiegler Lenker, der farblich prima zu den güldenen Stoßdämpfern und den vorderen Bremsscheiben passt. Das goldene Dreieck war damit perfekt.
Apropos „Gold“. Damit sind wir beim Geld: Was hatten wir denn nun für solch ein Fahrzeug zu investieren? Also 2.000 Euro für das Motorrad, 650 Euro für die aufwändig gebaute Sitzbank von B77 inklusive Blecharbeit von PLANET10 vorher. Hinzu kamen die Teile von Louis inklusive LSL Fußrasten, die wir ebenfalls über den Louis Shop bezogen, sowie der Lenker von Spiegler. Insgesamt also etwa knapp 1.000 Euro an Umbaukosten. Bedeutet, dass wir tatsächlich mit einem Budget von 3.000 Euro und ein bisschen Spaß bringender Putz- und Umbauarbeit ein ganz ordentlich individualisiertes Motorrad auf die Räder gestellt haben.
Man muss ja nicht immer alles auseinander rupfen und von Grund auf neu aufbauen, um das Motorrad so zu modifizieren, dass es einem gefällt. Weniger ist manchmal mehr. In der Kürze liegt die Würze. Simplifikation ist der Schlüssel zum Erfolg. Aber das Wichtigste ist, dass auch die Sozia zufrieden ist, mit ihrem Sitzplatz. Und manchmal führt so ein Glücksgefühl ja auch dazu, dass wir in naher Zukunft noch ein Motorrad kaufen und ein bisschen umbauen dürfen….
Text & Fotos: GID
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