
BMW R65
Braukessel Boxer
Kohle, Stahl und Bier. Mehr braucht es nicht, um ein Bike zu bauen, ganz im Einklang mit dem Ruhrpott Pulsschlag. Ein Kanon der Essenzen. Gereift im Läuterbottich ehrlicher Handwerkskunst. Als Machbarkeitstudie, Schaffensnachweis und aus Leidenschaft zur Baukunst und der Braukunst. Schlicht und einfach ein Dortmunder 3KlangCustom.
Tatsächlich war es dieser Brauereikessel aus dem Dortmunder Brauereimuseum, der Kfz-Technikermeister Ulf Gloy zum derart einzigartigen Umbau einer BMW R 65 inspirierte. Tank, Heckbürzel und Lampengehäuse wurden im galvanischen Bad verkupfert. Als Kabelkanäle dienen Kupferrohre. Ein Messinghandrad als Tankschlüssel und zwei Bullaugen zur Überwachung der Kraftstoff-Reduktion im Tank brachten den Brauereigaul also schon mal ganz elegant in Einklang mit dem ersten Drittel des ruhrpöttischen Baukanons. Fehlten noch Kohle und Stahl.
Obschon der Stahl ja sowieso die vorhandene Grundlage eines fast jeden zweirädrigen Fahrgerätes bildet, gelang es Ulf durch das Freiräumen des Rahmendreiecks das Tragwerk des BMW Reaktors einem Hochofen ähnlich, rustikal in Szene zu setzen. Rahmen und Felgen darüber hinaus auch noch mit schwarzem Pulver, gleich dem Kohlestaub der Ruhrgebiets-Halden, beschichtet, wird es dem auf Stahl und Kohle aufgewachsenen Betrachter gleich ganz heimelig um die Bronchien.
Ein Eindruck, der beim Starten des voll fahrbereiten und komplett mit dem Segen des gründlichen Deutschen Technischen Überwachungs Apparates ausgestatteten Brauwerks noch manifestiert wird. Denn, bei aller gebotenen Reinheit des Gewerkes ackert hier ein mit offenen Schnorcheln beatmetes vergaserbefeuertes Altaggregat, das durch die feinsäuberlich mit Keramik beschichteten Ofenrohre eine nach heutigen Maßstäben außerordentliche Menge feinster Stäube und Gase in die Umwelt entlässt. Das kesselt leicht oktanig im Abgang.
Bei aller Hommage an die Traditionen des Ruhrgebietes finden sich an dem boxenden Braukessel aber auch ganz versiert moderne Detaillösungen. So zu sagen als Tribut an den auf Stahl und Kohle folgenden Strukturwandel der hiesigen Region. Denn bei der Elektrik setzte Ulf nicht nur anstelle von Untertage-Bakelit-Drehschaltern, auf die feinelektronisch hochgerüsteten Knöbsche und Instrumente von Moto Gadget, sondern erfand höchst selbst, neben einer zur Erreichung des Batteriefaches nach oben klappbaren Sitzbank mit Schnappverschluss, auch noch einen magnetisch anziehend und kontaktfreudig abnehmbaren Kennzeichenhalter. Klar soweit? Nein? Dann wird es jetzt entweder Zeit für ein Bergmann Bier, oder einen Besuch bei Ulf Gloys 3KlangCustom in Ost-Dortmund.
Text: Patric Birnbreier
Fotos: Robert Volkmer
0 Comments
Leave a comment